Art Lovers

Es gibt Künstler und Käufer – die Liebe zur Kunst ist dabei der verbindende Faktor. Was sieht das eine Auge, was das andere nicht sieht?

Marlous Mostrous-Jens ist Director Business Development und Auktionatorin bei Sotheby’s in Amsterdam.

Eklektisch – so könnte man die Einrichtung im Hause Mostrous-Jens am besten beschreiben. Die dort vorhandene Kunst ist nicht an einen einzigen Stil oder eine Periode gebunden. Eigentlich logisch, wenn man jeden Tag so viel Schönheit sieht. Als Director Business Development und Auktionatorin bei Sotheby’s ist Marlous Mostrous-Jens gemeinsam mit einem Team für neue Kundenkontakte und die Organisation von Auktionen verantwortlich. Das ist mit viel Überlegung und Abwägung verbunden. Sotheby’s sucht nach einer ansprechenden Mischung von Losen innerhalb einer Stilrichtung oder eines Themas. Dabei wird auch der Markt berücksichtigt. In Paris herrscht ein anderer Geschmack als in New York.

Als Kind schon war Marlous van schönen Dingen begeistert und liebte es, auf Flohmärkten zu stöbern. Dennoch hat sie sich zunächst nicht für das Naheliegende entschieden, nämlich ein Kunstgeschichtsstudium. Marlous schrieb sich dahingegen an der New Business School in Amsterdam für ein Wirtschaftsstudium ein. Und sie war ein Ass auf dem Gebiet. Später folgte der Master in Art Business in London. So konnte sie zumindest ein klein wenig mit der Kunst auf Tuchfühlung bleiben. Diese Kombination brachte ihr schließlich die Stelle bei Sotheby’s. Ein Traum, denn „die Magie eines Auktionshauses hat mich unglaublich angezogen“.
Und sie wollte auch einen Platz auf dem Rostrum – das ist kein ganz einfacher Job. „Das Auswahlverfahren war geradezu X-Factor-verdächtig. Sehr spannend. Aber es klappte und sie wurde die jüngste Auktionatorin aller Zeiten. Werke unter den Hammer zu bringen auf dem Rostrum ist wie ein Theaterstück, bei dem man auf 1000 Dinge gleichzeitig achten muss. „Ich muss die Stimmung im Saal erfassen. Mit einem jüngeren Publikum geht man anders um als mit einem älteren Publikum, das mit allen Wassern gewaschen ist. Ich muss Autorität ausstrahlen, Ordnung im Saal halten und mit einer passenden Dosis Humor ein angenehmes Ambiente schaffen. Man kann es mit der Schauspielerei vergleichen. Dabei achte auf die Gebote aus dem Saal – manche Interessenten halten ihre Bietertafel in die Höhe, andere deuten lediglich ein kleines Nicken an. Dann gibt es Vorabgebote aus dem Buch, Gebote von Beauftragten, die im Auftrag des eigentlichen Käufers bieten und Internet-Bieter. Ich kenne die einzelnen Schritte auswendig. Es ist ein Spiel, mit dem ich Menschen glücklich mache. Das ist das Schönste, was man sich vorstellen kann.“

Kann sie einschätzen, für wie viel Geld ein Gegenstand unter den Hammer kommt? „Ungefähr schon. Man weiß, welche Künstler angesagt sind und welche Preise andere Werke erzielt haben. Entscheidend ist auch, ob das Werk aus einer populären Periode kommt. Auch das Niveau des Werks bestimmt teils den Preis – ist es hingeschludert oder verfeint? Das sieht man an der Technik: Wurde die Farbe dick aufgetragen und mit Präzision?“ Es ist wichtig, viel und genau hinzusehen: „Davon lernt man unglaublich viel. Vor Kurzem hatten wir hier einen Van Gogh, den das Publikum noch nie gesehen hatte. Gemeinsam mit Experten von u. a. dem Van Gogh Museum haben wir ihn genau unter die Lupe genommen. Das war superaufschlussreich.“

Zuhause bei Marlous: Welches Kunstwerk liegt ihr besonders am Herzen? „Ich habe vor langer Zeit in New York auf der Straße eine Zeichnung für 10 Dollar gekauft. Das ist immer noch eins meiner Lieblingskunstwerke. Kunst braucht nicht unbedingt einen hohen Geldwert zu haben, um Menschen etwas zu bedeuten.“

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Charlotte Caspers ist und Künstlerin und Restauratorin. Sie hat auch am TV-Programm Het geheim van de meester (Das Geheimnis des Meisters) der niederländischen Rundfunkgesellschaft AVROTROS mitgearbeitet.

Wer Künstler werden möchten, besucht die Kunstakademie. Klar, das ist eine Möglichkeit. Charlotte Caspers entschied sich für einen anderen Weg: „Auf der Kunstakademie lernt man konzeptuelles Denken und konzentriert sich auf die Geschichte, die sich hinter den eigenen Arbeiten verbirgt. Ich war viel mehr an der handwerklichen Seite der Malerei interessiert, bei dem das Schöpferische im Mittelpunkt steht. Mir war wichtig, zunächst die Sprache des Malens zu erlernen: wie spanne ich eine Leinwand auf, wie stelle ich Farbe zusammen. Erst danach konnte ich mich in dieser Sprache ausdrücken.

Nach dem Studium der Kunstgeschichte durchlief Charlotte Caspers eine Anschlussausbildung zum Kunstrestaurator. Dort lernte sie alles über das Zusammenstellen von Farbe und die chemischen Formeln, die einer bestimmten Farbe, einem Farbton oder einer Struktur zugrunde liegen. Sie fand Antworten auf die Frage, mit welchem Firnis sie einen gewünschten Effekt erzielen kann und welches Lösungsmittel gerade genug Reinigungskraft hat ohne gleich das gesamte Gemälde zu ruinieren. Man will ja schließlich keinen klassischen Hondecoeter oder Vermeer auf dem Gewissen haben.

Gerade diese Liebe zu Technik und Präzision ist nun die Grundlage für ihre Arbeit als Künstlerin. „Die von mir verwendeten Techniken haben eine lange Tradition. Ich bin von der ikonischen Malerei des Mittelalters und dem Gold begeistert, das man dort sieht: wie das Gold das Licht spiegelt oder absorbiert, je nachdem wie es bearbeitet wurde. In meinen Arbeiten mache ich es ganz genauso: Ich poliere und graviere das Material. Manchmal schlage ich auch kleine Vertiefungen hinein. So spiele ich mit dem Licht.“
Trotz der uralten Mal- und Grundierungstechniken, die Charlotte Caspers verwendet (auf Holz und mit Kreide aus fossilem Plankton), hat ihr Werk einen modernen Anstrich: Landschaftsporträts, die mit einigen hauchzarten Linien Stille atmen und sich an den Betrachter wenden. Zumindest, wenn sich der Betrachter dafür öffnen kann: „Für Kunst muss man sich Zeit nehmen. Wenn ein Werk berühren soll, muss man sich auch die Mühe machen, genau hinzusehen und entdecken zu wollen. Die Kunst passt nicht immer zur Person. Das ist aber nicht schlimm. Man findet ja auch nicht jede neue Bekanntschaft toll.“

Das Abstrakte in ihrem eigenen Werk steht im Kontrast zu den Rekonstruktionen, die sie für das Programm Het geheim van de meester anfertigte. Das ist quasi die Gegenreaktion auf das Nachmalen alter Meister. Für dieses Programm fertigte Caspers gemeinsam mit einem Team etliche Rekonstruktionen alter Gemälde an. Zu diesem Zweck wurden Farbschichten, Struktur, Unterschicht und Material eingehend studiert und analysiert. Auf diese Weise traten sie nicht nur an das Werk, sondern auch den Künstler mit Respekt heran: indem sie zwischen den Zeilen lasen und so das Wesentliche seines Schaffens fangen konnten. „Das Geheimnis eines Meisters ist immer die Seele, die er oder sie in ein Gemälde legt. Dies wirklich widerzugeben, erfordert viel Wissen. Es eine Summe von Faktoren, die darüber entscheiden, wie ein Maler kommuniziert. Genau das versuchen wir als Team zu analysieren und interpretieren.“

Unabhängig davon, ob es sich um alte oder neue Werke handelt – eins ist sicher: „Ein Künstler teilt seinen Blick auf die Welt mit anderen Menschen. Durch Kunst sieht man Dinge mit den Augen eines anderen. Das hat eine verbindende Wirkung.“
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